Archive for the ‘Biografien’ Category

Vom Mut, einen alten Weg neu zu gehen

Selten hab ich so ein schönes Buch gelesen. Schlicht und sehr berührend erzählt Andrea Jeska in „Der Mann, der die Wüste aufhielt“ von Yacouba Sawadogo aus Burkina Faso, der es schaffte, Dutzende Hektar Wald zu pflanzen und damit der Wüste fruchtbaren Boden abzuringen. Tag für Tag, Jahr für Jahr hackte er Löcher in den ausgetrockneten verkrusteten Boden, füllte sie mit einer Mischung aus Samen, Blättern, Viehdung und Asche und legte Steinreihen, um das Regenwasser zu halten.

Als Zai ist diese Anbaumethode zwar grundsätzlich bekannt, doch er wandelte sie ab, indem er die Zusammensetzung des Düngers änderte und schon vor der Regenzeit die Löcher grub. Was ihm den Unmut der Bewohner einbrachte, sein Wald wurde abgebrannt. Doch auch davon ließ er sich nicht abhalten. Er fing einfach von Neuem mit dem Hacken der Löcher an. Als die Hirse unter dem Schutz der Bäume gedieh und sich die Getreidespeicher mehr und mehr füllten, erntete er langsam Verständnis und die Kunde von seiner erfolgreichen Anbaumethode zog Kreise. Heute kommen Menschen in Scharen, auch aus den Nachbarländern, um von ihm zu lernen.

Dabei war ihm dieser Weg nicht in die Wiege gelegt. Er wurde auf die Koranschule geschickt, schafft es aber nicht, lesen und schreiben zu lernen, also wurde er Händler. Jahrelang verkauft er sehr erfolgreich seine Waren, er hat genug Geld, um sorglos zu leben. Aber als die Dürrekatastrophen immer mehr Leid in sein Land bringen, gibt er alles auf und kehrt in sein Dorf zurück. Von da an hat er nur noch ein Ziel: dass alle genug zu essen haben.

„Yacouba war wie Wasser in einem ruhigen Fluss“, erzählt Andrea Jeska von ihrem Besuch bei dem weisen Alten in Burkina Faso. Und am Ende fühlt man sich, als ob man selbst diesem Fluss ein Stück näher gekommen ist.

 

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Mut zum Verzeihen: Buchtipp

Selten hab ich so viel Ehrfurcht vor dem Weg einer Person gehabt wie bei dem von Ursula Buchfellner. Sie war Deutschlands jüngstes Playmate und machte leicht bis gar nicht bekleidet internationale Karriere.
Was aber Wenige wissen: sie ist inmitten von familiärer Gewalt, sexuellen Übergriffen und in extremer Armut aufgewachsen, sodass sie ständigem Hunger ausgesetzt war. Nicht gerade eine gute Grundlage, um stark und aufrecht durchs Leben zu gehen. Und dennoch schafft sie das in meinen Augen fast Unmögliche. Sie findet einen Weg, ihren Eltern zu verzeihen. Indem sie der indianischen Weisheit folgt, „in deren Schuhe zu schlüpfen“. Sprich: sie versucht, auch die Seite ihrer Eltern zu verstehen und wie es dazu kommen konnte, was ihr angetan wurde. Die Versöhnung gelingt und ist eindrücklich festgehalten in ihrer Autobiografie „Lange war ich unsichtbar.“

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Ein Jahr lang ist der Abenteurer Nicolas Vanier mit seiner Frau und seiner 2-jährigen Tochter unterwegs durch die Schneewüsten von Kanada und Alaska. Im Zelt bei -40 Grad, mit Hundeschlitten auf zugefrorenen Flüssen mit der ständigen Gefahr, ob das Eis trägt. Mit begrenztem Proviant, angewiesen auf Jagd- und Fischmöglichkeiten. So stellen sich viele vermutlich nicht die ideale Umgebung für ein Kleinkind vor. Und der Autor musste sich im Vorfeld auch viel Kritik dazu gefallen lassen.
Aber aus meiner Sicht hat er sich maximal auf diese Reise vorbereitet, um das Wohl seiner Tochter zu garantieren. Und gerade, wie sich diese Reise auf die kleine Montaine auswirkt und auch auf die Beziehung zwischen Vater und Tochter, sind für mich abgesehen von den Landschaftsschilderungen die faszinierendsten Aspekte dieses Buches. Die 2- bis 3-Jährige ist erpicht darauf, verschiedenste Tiere unterscheiden zu lernen, Kommandos für die Hunde zu lernen und zeigt einen erstaunlichen Gleichmut bei stundenlangen Aufenthalten im Zelt und am Hundeschlitten bei eisigen Temperaturen. Und als Vegetarierin fand ich besonders spannend, wie die Kleine die erlegten Vögel gestreichelt und dann mit Genuss verspeist hat.

Wenn man bis dahin dem Buch noch nicht vollkommen verfallen ist, ist es wohl spätestens so weit, wenn der Autor immer wieder überquillt vor Liebe beim Anblick seiner Schneeprinzessin und ihrem Interesse für die wilde unwirtliche Landschaft des hohen Nordens. „Seit zwei Jahren Vater, hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich ein Kind so lieben könnte. Eine Tür hat sich in meinem Herzen aufgetan. Wenn Montaine mich anlächelt, lächelt mich die ganze Welt an. Wäre ich in Frankreich geblieben, hätte ich meine Tochter, wie die meisten Väter, nur wenige Stunden in der Woche gesehen. Das Leben hätte mich der schönsten Monate mit meiner Tochter beraubt, jener Monate, in denen sie die Welt entdeckt, ihre Sinne ausbildet, sprechen lernt. Ich möchte behaupten, dass unser Verhältnis nicht so innig geworden wäre.“ Das denke ich auch.

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„Natürlich empfand ich Angst, wenn ich ein schwieriges Stück am Berg überwinden musste, wo der kleinste Fehltritt genügte, um in die Tiefe zu stürzen. Doch diesem gefährlichen Moment wohnte gleichzeitig eine gewisse Magie inne, die mich unwiderstehlich anzog (…) – so war ich mir meiner selbst ganz und gar bewusst, war hundertprozentig ich selbst“, schreibt der Abenteurer Robert Peroni in seinem Buch „Kälte, Wind und Freiheit, Wie die Inuit mich den Sinn des Lebens lehrten“.

Er hatte jahrelang von seinen Abenteuern und dieser magischen Angst gelebt. Bei seinem letzten Grenztrip, einer Grönlanddurchquerung, wendete sich das Blatt. Er war tief beeindruckt von der unendlichen Weite der Landschaft und der Freundlichkeit der Menschen, dass er beschloss, ganz an die wilde Westküste Grönlands zu ziehen. Dort wo das Abenteuer Eis, Kälte, Einsamkeit heißt. Eine Einsamkeit, die ganz anders ist, als wir sie kennen: „Hier geht es nicht darum, dass gerade kein Freund da ist, mit dem man Zeit verbringen kann, oder man keine Lebensgefährtin hat, dass man plötzlich alleine verreisen muss oder einen keiner anruft. Hier ist Einsamkeit etwas Absolutes: Die ungeheuren Weite des Landes erzeugt eine geradezu  ohrenbetäubende Stille, und er Mensch wird von der Erhabenheit der Natur überwältigt. Eine Einsamkeit, die ebenso schrecklich wie wunderbar sein kann, weil sie einen aufmerksamer werden lässt: die Ohren reagieren selbst auf das leiseste Geräusch, der Blick ist offen für jedes noch so winzige Detail.“

Und vielleicht ist es diese Einsamkeit, die die Bewohner so anders sein lässt, als wir es kennen. Hier stehen die Häuser immer offen, man besucht einander, auch wenn die Hausbewohner vielleicht noch schlafen. Dann macht man sich eben einen Tee, bis sie aufwachen. Sie sind heiter und gelassen, auch wenn sie vielleicht tagelang nichts zu essen hatten. „So ist das eben.“ Und wenn Besuch kommt, lutscht man eben gemeinsam an einem Wal- oder Robbenknochen.

Dieses Buch gibt einen faszinierenden Einblick in ein Land voll ursprünglicher Schönheit und ihrer Bewohner, den Inuit. Und es zeigt, wie ein von Abenteuerlust Getriebener ankommt in einer Welt heiterer Gelassenheit und wie ihm diese Welt Boden unter den Füßen gibt, auch wenn dieser zum Großteil aus Schnee und Eis besteht.

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„Manchmal, wenn ich in meinem Zimmer bin und arbeite oder ein Buch lese, dann weiß ich, dass ich genau das Gleiche jetzt auch in Rosenheim oder München tun könnte. Aber trotzdem fühlt es sich hier ganz anders an – und zwar weil draußen vor der Tür Italien ist“, schreibt Julia Lorenzer in ihrem Buch „Ein Jahr am Gardasee“. Eine sehr treffende Aussage, die das nicht zu beschreibende Andere in einem fremden Land wider gibt, finde ich.

Ich  liebe die Serie „Ein Jahr in….“, wo Menschen über ihren wahr gewordenen Traum von einem einjährigen Auslandsaufenthalt schreiben. So ein großer Schritt braucht immer Mut. Und Julia Lorenzer hatte ihn eines Tages glasklar. Sie setzte alles in Bewegung, um ihren Traum, in Italien zu leben, zu erfüllen. Sie gab ihren ungeliebten Job auf, ließ ihren Verlobten zurück und begab sich ins Unbekannte, nicht wissend, wovon sie in der Zeit ihres Auslandsaufenthalts leben sollte.

Am Gardasee mietete sie ein Zimmer bei einem Ehepaar, versuchte, im Ort Fuß zu fassen und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Und sie lernte einen Mann kennen, einen Italiener. Sie liebte das „Italienische“ an ihm, genoss seine Verehrung und dachte eher wenig an ihren Verlobten Florian zu Hause. Bis es ihr irgendwann doch dämmerte und sie dem Verehrer ihren Verlobten gestand. Florian wiederum setzte alles in Bewegung, um sie am Gardasee für einige Wochen besuchen zu können und ganz in das italienische Lebensgefühl einzutauchen, um sie besser mit ihrer Sehnsucht nach dem Süden verstehen zu können. Julia Lorenzer war angetan von seinem Engagement, und bald fühlte sie sich ihm wieder nahe, näher als zu Hause. Er hatte neue Seiten von sich entdeckt, vielleicht auch entdecken müssen durch ihr Weggehen. Und sie liebte diese, genauso wie sie feststellte, dass sie auch seine verlässliche vernünftige deutsche Seite mochte.
Das Buch endet damit, dass die beiden gemeinsam für ein halbes Jahr Italien erkunden, und zwar auf Vorschlag ihres Verlobten. Damit zeigt das Buch, wie sehr eine Auszeit von einem Mensch auch andere nahe stehende Menschen berühren, bewegen und verändern kann.

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Endlich großformatig malen, ein Buch schreiben oder eine Weltreise machen. Geht nicht, weil… die Kinder Aufmerksamkeit brauchen …. nicht genug Geld da ist … es an Zeit fehlt?

All jenen, die an der Umsetzung ihre Träumen zweifeln, nimmt die bekannte Kinderbuchautorin Christine Nöstlinger mit ihrer eigenen Geschichte den Wind aus den Segeln.

Sobald ihr klar war, dass sie schreiben will, hat sie dafür auch genügend Zeit und einen Ort gefunden. Obwohl sie zwei Kinder und begrenzten Wohnraum hatte. Es geht, wenn die Leidenschaft und das Bekenntnis groß genug sind.

Christnoestlingerine Nöstlinger schreibt in ihrer Autobiografie „Glück ist was für Augenblicke“: 
Der größte Teil meines Hirns war unentwegt mit dem Formulieren von Sätzen beschäftigt. Nicht nur wenn ich mit dem Kugelschreiber vor einem linierten Heft hockte oder auf der quietschgrünen Olivetti tippte, war ich am Sätze Basteln, auch wenn ich Zwiebeln schnitt oder im Gulasch rührte, einen Zipp in eine Hose nähte oder einkaufen ging, Staub saugte oder das Klo putzte. Die quietschgrüne Olivetti stand in der Küche auf der roten Arbeitsplatte, daneben lag das linierte Heft, und in jeder freien Minute schrieb oder tippte ich das im Kopf bereits Formulierte.
Die Ente zu braten dauert eineinhalb Stunden, doch man muss die Ente im Rohr nicht dauernd behüten. Viermal nachschauen und aufgießen reicht, die restliche Zeit kann man schreiben oder tippen. Nur so konnte ich in einem Jahr zwei Bücher oder gar drei hinkriegen… Dass die Manuskripte hin und wieder Fettspritzer hatten, hielten meine Lektoren für eine Spezial-Marotte von mir. 

„Na, die hat’s bestimmt leicht gehabt im Leben!“, denken Sie jetzt vielleicht. Nein, hat sie nicht. Sie stammt aus einer turbulenzbegabten Familie, hat den Krieg und die Armut danach in Wien erlebt und hat ihr Erwachsenenleben mit einer frühen Mutterschaft samt baldiger Scheidung begonnen.

Also: Anfangen, jetzt! Und dran bleiben, auch wenn sich mal Unwidrigkeiten einmogeln. Die gehören dazu wie die Wolken zum Himmel.

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Ich bin ein Biografien-Junkie. Ich liebe es, in fremden Leben nach Herausforderungen und Ressourcen zu stöbern. Hat jemand eine spannende Erfahrung gemacht und ein Buch darüber geschrieben, landet es mit Garantie irgendwann auf meinem Nachtkästchen.
Zuletzt fasziniert hat mich Miek Pots 12-jährige Erfahrung in einem Schweigekloster „In der Stille hörst du dich selbst“. Man könnte es auch „Mut zur Stille“ betiteln.

Die Niederländerin wuchs im Wohlstand auf und führte ein stürmisches Studentinnenleben, bis sie sich entschloss, zum Lernen in ein Kloster zu gehen. Sie schreibt: „Die straffe Tagesordnung sorgte für Ruhe und gab mir überraschenderweise innerlich viel Raum. Blitzartig wurde mir klar, dass es nicht gleichbedeutend mit Freiheit ist, nur zu tun, wozu man Lust hat.“ Der Aufenthalt sollte eine einschneidende Erfahrung für sie werden, die sie nach dem Studium nicht mehr missen wollte. Nach 12 Jahren im Schweigekloster allerdings spürte sie, dass sie ihre Erfahrungen in einem weltlichen Leben integrieren möchte. Heute bietet sie Kontemplations-Workshops und Retreats an. www.miekpot.com
Das Buch ist eine sehr heiße Empfehlung für alle, die die Stille in sich suchen und gleichzeitig eine spannende Geschichte lesen wollen.

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Es gibt Bücher, die muss man wie ein kostbares Zuckerl lutschen: behutsam ein Wort nach dem anderen auf der Zunge zergehen lassen, den Geschmack auskosten, so lange es geht und der Versuchung widerstehen, schnell zum nächsten Satz weiter zu hüpfen. Der Blick rollt sich schon um den ersten Buchstaben, saugt schon die erste Silbe ein. Nein, halt, langsam. Gaaaanz langsam. Jedes Wort in „In den Wäldern Sibiriens. Tagebuch aus der Einsamkeit“ von Sylvain Tesson verdient diese ehrfurchtsvolle Herangehensweise. „Draußen toben Wind und Kälte so sehr, dass die Blockhütte auseinanderzufallen droht, wenn ich sie nicht mit Liebe fülle.“ Noch ein Stück, bitte. bitte. „Ich, der ich jeder Sekunde an die Kehle sprang, um ihr den letzten Tropfen Saft abzupressen, lerne die Kontemplation.“ Die poetische Beschreibung einer 6-monatigen Auszeit am Baikalsee, das nächste Dorf 120 km entfernt, ist ideal für graue Wintertage, man kuschelt sich in die Worte und erliest sich eine Auszeit, ohne verreisen oder mit der Chefin verhandeln zu müssen.
Einfache Handlungen statt dem Trubel von Paris bestimmen das Leben des Autors nun. Man kann förmlich hören, wie sein aufgedrehter Motor mit jedem Tag Holzhacken, Einheizen und Schlittschuhlaufen ruhiger wird. Und wie seine Schnee-Haikus, die er auf den zugefrorenen See schreibt, täglich form annehmen: „Auf dem weißen Schnee. Die gestrichelte Linie: Heftnaht der Schritte“. Mmmmh! Lecker! Danke, Zuckerl.

Ein tolles Buch für alle, die das Thema Mut zur Einsamkeit interessiert und die gerne eine Sprache mit vielen Sprachbildern genießen.

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Zukunftsressource Mut

Mit meinen Mutschwestern Ira Mollay, Julia Fabich und Irmgard Kravogel habe ich 20 Seiten zum Thema Mut im Magazin SOL (Menschen für Solidarität, Ökologie und Lebensstil) gestaltet.

Ich freue mich sehr, dass die Ausgabe nun am 1. September 2013 erscheint. Es war viel Freude, aber auch viel Arbeit, das Thema so umfassend zu beleuchten: von der Betrachtung verschiedener Mutarten bis zu Geschichten mutiger Personen, von historischen Abrissen bis Mut bei Frauen oder Mut  in Beziehungen und noch vieles mehr. Hier schon mal die Online-Version: SusA63

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Birgit Sonnenschein – was für ein wunderbarer Name! – hat eine nicht weniger wunderbare Website, auf der sie Geschichten von Menschen veröffentlicht, die Wege auch jenseits der Schulmedizin gefunden haben, um sich selbst zu heilen. Sehr, sehr ermutigend.

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