Archive for the ‘Mut zur Auszeit’ Category

Ein Jahr lang ist der Abenteurer Nicolas Vanier mit seiner Frau und seiner 2-jährigen Tochter unterwegs durch die Schneewüsten von Kanada und Alaska. Im Zelt bei -40 Grad, mit Hundeschlitten auf zugefrorenen Flüssen mit der ständigen Gefahr, ob das Eis trägt. Mit begrenztem Proviant, angewiesen auf Jagd- und Fischmöglichkeiten. So stellen sich viele vermutlich nicht die ideale Umgebung für ein Kleinkind vor. Und der Autor musste sich im Vorfeld auch viel Kritik dazu gefallen lassen.
Aber aus meiner Sicht hat er sich maximal auf diese Reise vorbereitet, um das Wohl seiner Tochter zu garantieren. Und gerade, wie sich diese Reise auf die kleine Montaine auswirkt und auch auf die Beziehung zwischen Vater und Tochter, sind für mich abgesehen von den Landschaftsschilderungen die faszinierendsten Aspekte dieses Buches. Die 2- bis 3-Jährige ist erpicht darauf, verschiedenste Tiere unterscheiden zu lernen, Kommandos für die Hunde zu lernen und zeigt einen erstaunlichen Gleichmut bei stundenlangen Aufenthalten im Zelt und am Hundeschlitten bei eisigen Temperaturen. Und als Vegetarierin fand ich besonders spannend, wie die Kleine die erlegten Vögel gestreichelt und dann mit Genuss verspeist hat.

Wenn man bis dahin dem Buch noch nicht vollkommen verfallen ist, ist es wohl spätestens so weit, wenn der Autor immer wieder überquillt vor Liebe beim Anblick seiner Schneeprinzessin und ihrem Interesse für die wilde unwirtliche Landschaft des hohen Nordens. „Seit zwei Jahren Vater, hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich ein Kind so lieben könnte. Eine Tür hat sich in meinem Herzen aufgetan. Wenn Montaine mich anlächelt, lächelt mich die ganze Welt an. Wäre ich in Frankreich geblieben, hätte ich meine Tochter, wie die meisten Väter, nur wenige Stunden in der Woche gesehen. Das Leben hätte mich der schönsten Monate mit meiner Tochter beraubt, jener Monate, in denen sie die Welt entdeckt, ihre Sinne ausbildet, sprechen lernt. Ich möchte behaupten, dass unser Verhältnis nicht so innig geworden wäre.“ Das denke ich auch.

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„Manchmal, wenn ich in meinem Zimmer bin und arbeite oder ein Buch lese, dann weiß ich, dass ich genau das Gleiche jetzt auch in Rosenheim oder München tun könnte. Aber trotzdem fühlt es sich hier ganz anders an – und zwar weil draußen vor der Tür Italien ist“, schreibt Julia Lorenzer in ihrem Buch „Ein Jahr am Gardasee“. Eine sehr treffende Aussage, die das nicht zu beschreibende Andere in einem fremden Land wider gibt, finde ich.

Ich  liebe die Serie „Ein Jahr in….“, wo Menschen über ihren wahr gewordenen Traum von einem einjährigen Auslandsaufenthalt schreiben. So ein großer Schritt braucht immer Mut. Und Julia Lorenzer hatte ihn eines Tages glasklar. Sie setzte alles in Bewegung, um ihren Traum, in Italien zu leben, zu erfüllen. Sie gab ihren ungeliebten Job auf, ließ ihren Verlobten zurück und begab sich ins Unbekannte, nicht wissend, wovon sie in der Zeit ihres Auslandsaufenthalts leben sollte.

Am Gardasee mietete sie ein Zimmer bei einem Ehepaar, versuchte, im Ort Fuß zu fassen und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Und sie lernte einen Mann kennen, einen Italiener. Sie liebte das „Italienische“ an ihm, genoss seine Verehrung und dachte eher wenig an ihren Verlobten Florian zu Hause. Bis es ihr irgendwann doch dämmerte und sie dem Verehrer ihren Verlobten gestand. Florian wiederum setzte alles in Bewegung, um sie am Gardasee für einige Wochen besuchen zu können und ganz in das italienische Lebensgefühl einzutauchen, um sie besser mit ihrer Sehnsucht nach dem Süden verstehen zu können. Julia Lorenzer war angetan von seinem Engagement, und bald fühlte sie sich ihm wieder nahe, näher als zu Hause. Er hatte neue Seiten von sich entdeckt, vielleicht auch entdecken müssen durch ihr Weggehen. Und sie liebte diese, genauso wie sie feststellte, dass sie auch seine verlässliche vernünftige deutsche Seite mochte.
Das Buch endet damit, dass die beiden gemeinsam für ein halbes Jahr Italien erkunden, und zwar auf Vorschlag ihres Verlobten. Damit zeigt das Buch, wie sehr eine Auszeit von einem Mensch auch andere nahe stehende Menschen berühren, bewegen und verändern kann.

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